Nein, bin ich nicht. Für Indien interessiere ich mich schon seit der Schulzeit, und ich hätte auch gern Südasienwissenschaften studiert. Auf die Idee mit einem Geschäft kam ich kurz nach der Wende, die alles erst möglich gemacht hat.
Allerdings ...
... ich wurde in Delhi zum Kaffee eingeladen, da hatte ich gerade eben drei Stunden zuvor meinen Fuß erstmalig auf indischen Boden gesetzt. (Ja, zum Kaffee, nicht zum Tee!) Und eben dieser Großhändler aus Kaschmir hat mir dann Ware für meinen Laden geschickt. Und heute ist er der Onkel meines Sohnes .
Denn ich bin ja zum Einkaufen immer wieder hingeflogen. Nun, wie das so ist mit dem Reisen, manchmal schlägt die Liebe zu. Mit Umar Farash habe ich in Indien kurz zusammengearbeitet und das dann hier für fast 12 Jahre auch privat fortgesetzt: eine schöne und interessante Zeit. Ich denke, ich verstehe Indien nun recht gut.
Tja, der großelterliche Hof stand leer und der potentielle Ladenraum hatte mich fasziniert (übrigens die ehemalige Stellmacher-Werkstatt meines Großvaters). Da habe ich Berlin wieder verlassen ... Aber eigentlich bin ich Jenenserin.
Dies muss ich schnell noch hinzufügen: Das Elbtal finde ich hier wirklich ausgesprochen reizvoll, die sanften Hügel und malerischen Täler, nicht zu vergessen die vielen romantischen Weingüter und Schlösser ... aber auch die Nähe zu Dresden und Leipzig, selbst Berlin, ist wirklich vorteilhaft.
Ich habe den Namen gewählt, weil er alles offen lässt: Sie können durch ein Tor hindurchsehen oder -gehen, möglicherweise eröffnet sich dahinter eine neue Welt. Vielleicht möchten Sie aber auch nur durch den Türspalt blicken und weiterlaufen. Oder Sie bleiben im Türrahmen angelehnt stehen und verschaffen sich in Ruhe einen Überblick. Alles ist möglich.
Jein, nicht wirklich. Allerdings liebe ich Farben und den unkomplizierten Landhausstil, und da passt auch ein großer indischer Wandbehang aus alten Stickereien. Stellen Sie sich vor, noch nach Jahren entdecke ich an ihm Stücke, die am Anfang noch nicht aufgenäht waren! Tatsächlich!
Ja, ehrlich gesagt stelle ich mir diese Frage auch manchmal selbst. Besonders, wenn diese oder jene Ärgerlichkeiten mit meinen indischen Herstellern und Lieferanten immer wieder oder auch neu auftreten. Aber zu Ihrer Frage: Es ist die Authentizität, eine gewisse Ursprünglichkeit des lebendigen indischen Handwerks, die mich fasziniert. Traditionelle Techniken werden eingesetzt, um auch moderne, zeitlose Dinge zu schaffen. Kleidung, Möbel, Stoffe - und das in einer Farbigkeit ... Wahnsinn. Das versöhnt mich immer wieder.
Außerdem strahlt ein handgearbeitetes Stück eben eine ganz besondere Lebendigkeit aus, eine natürliche Unvollkommenheit.
Ich trage gern dazu bei, diese (auch in Indien langsam aussterbenden) Techniken zu erhalten und immer wieder neu zu beleben. Wenn ich dort einkaufe, dann sichere ich ein klein wenig den Broterwerb vieler Menschen, die nicht so wahnsinnig reich sind. Das ist schön. Gern teile ich diese Faszination und das gute Gefühl mit Ihnen.
Wie Sie bin ich selbstverständlich strikt gegen Ausbeutung, vor allem Ausbeutung von Kindern. Natürlich stehe ich nicht überall daneben und der Wahrheitsbegriff in Indien ist nicht unbedingt mit dem unseren gleichzusetzen. Dennoch tue ich das mir Mögliche, um Kinderarbeit bei meinen Sachen auszuschließen.
Große Ausbeutung im Zusammenhang mit schlechten Arbeitsbedingungen findet sich immer wieder. Mit Verlaub, sie lohnen sich aber nicht überall. Ein kleiner Betrieb kann auch in Indien seine Angestellten nicht halten, wenn er schlecht entlohnt und keine Pausenzeiten einhält. Dann laufen ihm einfach die Leute weg.
kann ich mit meinem kleinen Auftrag keinen großen Preisdruck aufbauen. Ich zahle mehr pro Stück, weil ich weniger abnehme und kann demzufolge auch nur in kleinen Betrieben arbeiten lassen. Druck ausüben können nur große Firmen, und ich meine jetzt wirklich große. Bei denen ist dann der Verkauf auch so anonym, dass viele Kunden eher nicht auf die Art der Herkunft, sondern den unschlagbaren Preis schauen. Und ob die Verkäufer dort so genau Bescheid wissen?
Viele Tätigkeiten im Bereich des traditionellen Handwerks und der Handarbeit sind in Indien Männersache. Denn: Männer sind die Ernährer der Familien. So sticken sie in Kaschmir Teppiche und Kissenplatten, bemalen Pappmaché-Dosen und weben Schals. Sie sitzen an den Nähmaschinen in "unserem" kleinen Familienbetrieb in Jaipur und bedrucken die Stoffe, die ich einkaufe. Vieles wird auch von Frauen mit der Hand genäht und gestickt, besonders in den Dörfern.
mit zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen müssen, dann muss auch die Möglichkeit zur Schulbildung bestehen. Solche Projekte gibt es, und der Gedanke setzt sich auch in Indien immer mehr durch. Nicht zuletzt aufgrund unser aller Wachsamkeit. Bildung ist der Schlüssel. Aber machen wir uns nichts vor: Vieles hängt am Ende von den Eltern ab.
Insgesamt ein schwieriges Thema: Immerhin baut unser Wohlstand ja auf den niedrigen Löhnen eines Großteils der Weltbevölkerung auf. Wiederum kann man unsere Lebensverhältnisse nicht einfach auf indische überstülpen. Der Mut und die Mühe genau zu hinterfragen und zu differenzieren sind nötig, wie auch die Erkenntnis, als Einzelner oftmals nur einen kleinen Beitrag leisten zu können. Aber eben doch einen Beitrag.
Ja natürlich kann man mit dieser Art Handarbeit und diesen Preisen hier nicht überleben. Unsere Lebenshaltungskosten sind einfach um ein vielfaches höher. (Und: in fast ganz Indien fallen außerdem die Heizkosten weg.) Aber das Lebensniveau ist eben auch niedriger. Das, was dort als normal angesehen wird. Die Handwerker können aber auch in Indien rechnen und machen etwas anderes, wenn es sich nicht mehr lohnt.
Manches kaufe ich auf Spezialmärkten direkt beim kleinen Handwerksbetrieb ein. Der indische Staat fördert das traditionelle Kunsthandwerk teilweise über Zuschüsse zu den Standmieten. So finde ich an einer Stelle viele kleine Hersteller aus ganz Indien.
Einige spezielle Decken werden beispielsweise in Dörfern gefertigt. Diese Familien haben weder das Wissen noch die Zeit, zu einem Kunden zu fahren. Zwischenhändler geben bei Ihnen Bestellungen auf und holen die Ware ab. Mit anderen würden sie gar nicht verlässlich zusammenarbeiten.
kann nicht einen Flug bezahlen, um dann eine Decke direkt beim Sticker einzukaufen, den er erst suchen müsste. Außerdem wäre sie auch noch nicht gewaschen, gefüttert und gefärbt. Das macht dann meine Näherei, die vom Zwischenhändler die "rohen" Stoffe aufkauft und Decken, Kissen und Wandbehänge daraus näht. Und die kaufe ich dann und lasse sie nach Deutschland bringen.
Keinen dieser Schritte kann man weglassen. Daher müssen auch alle daran verdienen. Auch die Transportfirmen, auch der Staat. Und auch ich. Sonst könnte ich Ihnen den Service nicht bieten, so viele verschiedene Sachen bequem an einer Stelle für Sie zusammenzufassen. Und auch für mich, denn mir macht das ganze ja Spaß.
Die Antwort ist also: Ja, das meiste bleibt an den Zwischenstationen hängen. Und nein, das kann man nicht weglassen. Sonst würde das Kunsthandwerk nicht bis hierher bzw. anderswo kommen und in Indien vielleicht noch schneller aussterben. Das ist alles wenig romantisch, aber leider wahr.
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